Ich konnte mich nicht wirklich konzentrieren. Klar, die Sache mit den merkwürdigen Bauarbeiten, die man in der Innenstadt losgetreten hatte und vor allen Dingen der unerklärbar große Verbrauch, den wir im Energiezentrum verzeichnet hatten, waren wichtige Angelegenheiten, bei denen man seine Gedanken schon zu hundert Prozent beisammen haben sollte. Etwas Großes war im Gange, das war sicher. Aber dass Hayes einfach keine Anstalten machen wollte, wieder aufzuwachen, machte mich kribbelig. Wir brauchten den Jungen. Und wir brauchten ihn in gesundem Zustand, mit klarem Kopf. Bis jetzt hatte er aber noch nicht einmal die Augen aufgemacht, geschweige denn bewiesen, dass er die Attacke dieses Zombiefreaks heil überstanden hatte. Was, wenn das Serum nicht gewirkt hatte? Was, wenn er jetzt gemütlich im Bett frühstückte? Und Sam sein Frühstück war? "Entschuldige mich 'nen Moment", murmelte ich geistesabwesend und stand auf. Am Rande spürte ich Dawns fragenden Blick, aber ich ignorierte ihn und ging auf Hayes Schlafzimmer. Ein, zwei dumpfe Herzschläge später öffnete ich die Tür und spähte hindurch. Nein, Sam spielte nicht das Frühstück. Sie lag friedlich schlafend im Bett und war okay, soweit ich das sehen konnte. Aber Hayes sah ich nicht, und das war merkwürdig, weil das Schlafzimmer nur eine Tür hatte, und in der stand ich. Mein Blick schweifte zum Fenster, das halb offen stand und frische Luft hereinließ. War der Kerl jetzt etwa durchgedreht und hinausgesprungen??? Ehrlich, ich hatte in dem Moment keine Ahnung, dass Hayes zum Zwecke des Nachdenkens den Schornsteinfeger spielte. Stirnrunzelnd ging ich zum Fenster und sah hinaus. Unten auf der Straße lag er nicht. "Wo zum Teufel ...", murmelte ich und blickte zur Seite. Nichts zu sehen. Hatte er jetzt das Fliegen gelernt? Ich stieg ins Freie und balancierte mit skeptischem Blick in die Tiefe auf dem Sims entlang. Große Höhen waren noch nie mein Ding gewesen. Aber was tat man nicht alles! Einen kleinen Schweißausbruch später erreichte ich eine Feuerleiter, die ich einen Moment lang dankbar umarmte. Dann sah ich an ihr in die Höhe. Sie endete ein paar Meter über mir am flachen Dach des Hauses - der einzige Ort, an dem Hayes meiner Meinung nach noch sein konnte. Ich kletterte hinauf und atmete auf, als ich Hayes schließlich entdeckte. Lediglich in Unterhosen bekleidet. Na, wenigstens war er nicht nackt! "War dir unsere Etage nicht hoch genug für den Sprung?", fragte ich ironisch. Ich ging eigentlich nicht davon aus, dass er die Absicht hatte, Selbstmord zu begehen. Auf der anderen Seite konnte ich ihn zu dieser Zeit nicht wirklich einschätzen, denn wer wusste schon, welche Schäden dieser Zombievirus oder das Gegenmittel in ihm verursacht hatte.
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