Es war Ayagis nicht wohl beim Anblick der schmalen, geländerlosen Brücke in dieser schwindelerregenden Höhe. Man konnte sie kaum erkennen, trotz des Staubes, den der Zauberer immer wieder darauf rieseln ließ. Es war einfach nicht genug, um den Weg deutlich von der Finsternis des Abgrundes abzuheben, und auch das Licht des Zauberstabes, das sich hier irgendwie verlor, vermochte das nicht zu ändern. Der Eisfalke beschloss, voranzugehen, weil er die Brücke lieber mit seinem eigenen Gewicht austestete als mit dem Dalharils. Wenn es ihn trug, trug es auch sie. So hatte er zumindest gedacht. Doch er hatte gerade die Hälfte des Weges zurück gelegt, als ein Beben die Brücke plötzlich erschütterte und Steinblöcke sich aus ihr lösten und in den Abgrund sausten. Ayagis wirbelte herum und wollte She'Nala, die hinter ihm ging, auffordern, sich zu beeilen, als er mit Schrecken sah, wie ein Riss durch den Staub zu seinen Füßen zu laufen begann. Erstarrt blickte er darauf ... und in diesem Moment brach She'Nala der Boden unter den Füßen weg, und sie stürzte in die Tiefe! "NEIN!" Auf der Stelle ließ Ayagis sich zu Boden fallen. Wie ein Pfeil, der von einer Bogensehne schnellte, schoss sein Arm vor, und seine Finger schlossen sich im letzten Moment fest um She'Nalas Handgelenk. Aber der Ruck, der durch ihn hindurch ging, als er ihren Fall stoppte, war so gewaltig, dass es ihn dennoch beinahe ebenfalls in die Tiefe gezogen hätte. Mit zusammengebissenen Zähnen ertrug er den Schmerz, der nicht hätte schlimmer sein können, hätte man ihm den Arm ausgerissen. Dann nahm er alle Kraft zusammen und zog She'Nala zu sich in die Höhe. Dabei hörte er sehr wohl das Knirschen des Steines unter sich, und er wusste, sie mussten sich beeilen. Kaum hatte She'Nala wieder festen Boden unter ihren Füßen, zog er sie mit sich und lief, so schnell er konnte, auf die wartenden Gefährten zu, die es nicht hatten wagen können, zu ihnen zurückzueilen, um ihnen zur Hilfe zu kommen, denn die Brücke hätte auf keinen Fall noch mehr Personen getragen. Und mit jedem Laufschritt, den Ayagis und She'Nala sich ihnen näherten, brach der Boden weiter unter ihnen weg. Mit einem beherzten Sprung retteten sie sich schließlich auf die andere Seite und atmeten ein paarmal tief durch. Doch als Ayagis sich umdrehte, erkannte er, dass beileibe noch nicht alles in Ordnung war, denn Legolas und Celethil waren noch auf der anderen Seite, und nun, da keine Brücke mehr da war, sah er nicht, wie sie noch zu ihnen würden aufschließen können. Er war nicht der einzige, in dem diese Erkenntnis gereift war. "NEIN!! CELETHIL!", rief der junge Rohirrim plötzlich neben ihm verzweifelt aus. Verwundert musterte der Eisfalke ihn, denn bislang war Coblebay der Elbin nicht von der Seite gewichen, nun aber hatte er sich von ihr abgesetzt, und Ayagis konnte sich nicht erklären, warum. War ihm über die letzten Vorkommnisse vielleicht etwas entgangen?
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