Ich erwachte am nächsten Tag aus einem sehr erholsamen Schlaf. Ich war bereit für die neue Herausforderung. So packte ich alle meine Bücher, die Namensliste und den Dienstplan ein und verließ mein rundes Schlafzimmer in den Klassenraum. Dort legte ich die Sachen ab. Die Sonne durchflutete den Raum und ich stellte mir den vollen Raum vor. In einer Stunde würde es beginnen. So ließ ich meine Sachen zurück und begab mich in die Große Halle zum Frühstücken. Die allermeisten Schüler waren schon im Unterricht, doch einige waren durch Freistunden später aufgestanden. Von den älteren Schülern wurde ich immer öfter kritisch beäugt. Auch das Tuscheln nahm kein Ende. Hingegen waren die Erstklässler wohl viel zu beschäftigt damit sich auf ihre kommende Zeit einzustellen. Ich erinnerte mich sehr gut daran, als ich das erste Mal hier her kam. Wie es gewesen war ausgewählt zu werden, oder wie mein erster Schultag verlaufen würde. Diese Frage stellten sich die Kleinen auch. Wie würde ihr Unterricht ausfallen? Nach einem deftigen Frühstück aus hervorragendem Rührei und Speck begab ich mich wieder, diesmal voller Elan, in den dritten Stock. Die Kinder hatten bereits eine Schlange geblickt und alle erstarrten sofort, als sie mich sahen. Es klingelte gerade rechtzeitig. Mit einem Schwung meines Zauberstabs öffnete sich die Tür und die Schar trat ein. Freunde setzten sich zueinander und es wurde wieder getuschelt. Doch auch eine leichte Brise des Unwohlseins überzog den Klassenraum. Nicht etwa weil sie wegen des Unterrichts nervös waren, sondern weil der Gruppenzusammenhalt nicht ganz so passte, wie ich es mir erhofft hatte. Ich merkte eine gewisse Rivalität unter den Häusern. Doch dieses Klima war mir durchaus bekannt. Als ich Schüler in Hogwarts war, gab es diese Rivalität ebenfalls, vor allem zwischen Gryffindor und Slytherin. Ravenclaw kam verhältnismäßig gut mit Slytherin aus, aber noch viel besser mit dem Rest. Doch auch zwischen Ravenclaws und Slytherins hatte es des öfteren heftig geknallt. Hingegen war Rivalität unter den Schülern des eigenen Hauses, vor allem in Ravenclaw, nicht selten. Doch heute spürte ich nicht nur einen Grad an Unwohlsein, sondern regelrechte Verachtung. Ich hatte gehofft, dass diese exesszive Feindschaft nach Voldemorts Sturz ein Ende gehabt hätte. Doch ich hatte mich geirrt. "Guten Morgen, meine Lieben!", begrüßte ich die Meute mit einem fröhlichen Lächeln, um die Stimmung etwas aufzuheitern. "Guten Morgen, Professor", kam es von den meisten. Einige Gryffindors hatten sich recht weit hinten in der letzten Reihe verschanzt und schienen nicht sonderlich erpicht auf ein freundliches "Hallo" am Montagmorgen, der übrigens sehr sonnig war. "Also ... ich fang dann einfach mal mit euren und meinem Namen an. Ich bin Professor Caldwell", begann ich und schnippte mit dem Zauberstab, woraufhin ein Stück Kreide meinen vollen Namen an die Tafel kritzelte. Ich griff nach der Anwesenheitsliste: "Ich rufe einfach jeden von euch einmal auf und derjenige hebt bitte die dann Hand, okay?" Sie nickten. Einer nach dem anderen hob die Hand, einer nervöser oder ehrgeiziger als der andere. Als ich am Ende der Liste angekommen war, bemerkte ich, dass die Gryffindor wieder tuschelten, doch sie hörten auf als ich sie mahnend anschaute. "Nun denn. Verteidigung gegen die Dunklen Künste ... ja. Eine recht heikle, aber auch vielschichtige Disziplin, wenn Sie mich fragen. In diesen sieben Jahren werden Sie lernen, wie Sie sich vor schwarzer Magie verteidigen ... was der Name ja schon sagt. Doch umfasst dieses Fach nicht nur die komplizierten Flüche und Gegenflüche, Schutzzauber oder Verwandlungszauber. Es geht auch um die Erkennung von Schwachstellen, sowohl bei Hexen und Zauberern, als auch bei Tierwesen. Sie müssen wissen, worauf Sie sich einlassen. Das wird aber erst später kommen. Im ersten und zweiten Schuljahr werden Sie erstmal die Grundzüge der Verteidigung lernen. Es gibt Zauber, die Sie sehr leicht erlernen können und die in sehr vielen Situationen sehr nützlich sind. Ich werde Ihenen nicht nur beibringen, wie Sie diese Zauber anwenden, und vor allem wann Sie sie anwenden; ich werde ebenfalls Ihre Stärken ermitteln und diese vertiefen. Jeder Zauberer, der von dieser Schule geht, hat seine eigene, ich sag mal, Handschrift, seinen eigenen Stil. Das zeichnet einen Zauberer ebenfalls aus. Sie wurden von Ihren Zauberstäben vor ein paar Tagen oder Wochen ausgewählt. Sie werden ihn, hoffentlich, bis zum Ende Ihres Lebens benutzen. Und durch das regelmäßige Benutzen des Stabs werden Sie alle erfahren, wie Sie vom Zauberstab lernen und wie er von Ihnen lernt. Da es keine zwei identischen Stäbe gibt, gibt es auch keine zwei identischen Stile, sowie es auch keine identischen Charaktereigenschaften unter den Hexen und Zauberern gibt. Also werde ich Ihnen dabei helfen Ihre Handschrift zu verfeinern. Noch Fragen?" Keiner hob die Hand. "Gut, dann komme ich zu unserem Schuljahresplan. Wir haben zweimal pro Woche zusammen Unterricht. Das bietet sich sehr gut an. Montags, also heute, beginnen wir mit der Theorie. Ich weiß, trockene Theorie. Ohne die Praxis ist sie, zumindest in diesem Fach, gähnend langweilig." Einige Schüler horchten auf. Selbst die beiden Gryffindors in der letzten Reihe verstummten. Ich hatte wohl einen Jackpot gelandet. Sie waren alle gespannt auf die Praxis. Verständlich, einige hatten noch nie in ihrem Leben Zauberei gesehen, außer natürlich der ungewollten, unkontrollierten Zauberei, die sie vorher gezeigt hatten. "Sooomit setze ich die Praxistunden auf den Mittwoch, wenn wir zusammen zwischen 14:00 und 16:00 Uhr wieder Unterricht haben. In den Praxisstunden zeige ich Ihnen wie man diese Zauber praktisch anwendet, die wir in den Theoriestunden lernen. Natürlich gehen wir das Ganze sehr langsam an. Am Anfang werde ich Ihnen natürlich noch nicht die gefährlichen und mächtigen Flüche lehren. Wir werden uns vor allem mit kleinen Dingen, wie dem Entwaffnungszauber, dem Beinklammerfluch et cetera witmen." Einige Schüler maulten auf. "Nanu?", lachte ich. "Was haben Sie erwartet? Dass wir uns gleich ins Gefecht stürzen? Sie werden sehen. Selbst die leichten Zauber können in schwierigen Situationen schwer wirken. Aber ich wiederhole mich gerne, wenn ich sage, dass diese sehr, wirklich sehr nützlich sind." Für den Rest der Stunde durchstöberten wir das Schulbuch Dunkle Kräfte: Ein Kurs zur Slebstverteidigung und ich erklärte den Kindern, wann solche Zauber hilfreich waren. Läuft der Gegner davon, benutze den Beinklammerfluch. Ist sein Zauberstab in einer gefährlichen Position, benutze den Entwaffnungszauber. Großen Gefallen fanden die Schüler an den Illustrationen, die die Handbewegungen mit dem Zauberstab und die Effekte darstellten. Einige blätterten schon gierig in den letzten Seiten, zweifellos um zu sehen, ob da noch kräftige und schwierige Flüche kommen mögen, doch sie wurden leicht enttäuscht. Zwar hatten sie großen Gefallen an einigen Zaubern gefunden, etwa dem Körperklammerfluch oder dem Stoßzauber, dennoch wirkten einige milde enttäuscht über die sehr klein ausfallenden Effekte dieser Zauber. Des öfteren bemerkte ich wieder die beiden Gryffindors in der letzten Reihe, wie Sie untereinander die Flüche und Zauber aufzeigten, aber es beunruhigte mich ein wenig, dass sie manchmal mit biestigen Gesichtern zu zwei Slytherins schauten, die sich ein paar Mal herumdrehten, um zu erkennen, dass über sie geflüstert wurde. Ich schaute nochmal auf die Liste, die sich so geordnet hatte, dass ich mühelos die Namen den Gesichtern zuordnen konnte. Die beiden Gryffindors hießen Geoffrey und Martina. Ich musste die beiden schärfer im Auge behalten. Das nahm ich mir vor. Nachdem ich wieder auf die Liste schaute, um zu sehen, wer die beiden Slytherins waren, wurde mir klar, warum sie getuschelt hatten. Es waren Scorpius Malfoy und Albus Severus Potter. Als die Glocke läutete, bat ich die Schar noch um ihre Aufmerksamkeit: "Bitte, suchen Sie in Ihren Büchern, oder in den Büchern in der Bibliothek, nach nützlichen Zaubern, die Sie interessant finden. Dann können wir für die nächsten Wochen eine kleine Ansammlung an Zaubern üben. Ach ja, bevor Sie gehen, hab ich noch eine kleine Ankündigung: Ab November wird einmal pro Woche, und wenn es beliebt auch am Wochenende, der Duellierclub stattfinden. Informationen dazu finden Sie auf den schwarzen Brettern in Ihren Gemeinschaftsräumen. Wenn es Interessenten gibt, können Sie mich jederzeit ansprechen. Dann organisieren wir einen Übungsplatz, ob in der Großen Halle oder woanders. Es kann jeder teilnehmen. Dazu wird es auch vor jedem Ferienbeginn ein abendliches Turnier mit Abendessen und Getränken geben. Auch da ist die Teilnahme nicht verpflichtend. Aber es wird tolle Preise geben", schloss ich den Unterricht ab.
Im Lehrerzimmer setzte ich mich vor den Kamin, da es langsam kalt wurde, und öffnete das Schulbuch der ersten Klasse. Ich stöberte ein wenig herum und fragte mich, welche Zauber sich die Schüler wohl aussuchen würden. Es gab wirklich sehr interessante Zauber, die Kinder bereits problemlos und risikolos anwenden könnten. Ich ging die erste Stunde nochmal im Kopf durch und sagte mir, dass sie wohl ein Erfolg gewesen war. Ich freute mich allerdings mehr auf die Praxisstunden. Zu sehen wie die Kinder Fortschritte machen werden wird mich glücklich stimmen. "Jaaaa, ich werd' eine gute Zeit hier haben", sagte ich und schaute aus dem Fenster, wobei mir meine ehemalige Beschäftigung durch den Kopf ging, die ich zwar mochte, die aber durch da fehlende Interesse meiner Vorgesetzten auch letztlich meine Passion verlor.
Die letzte Stunde der Erstklässler von Ravenclaw und Hufflepuff verlief genau wie die der Gryffindors und Slytherins, doch hatte ich das Gefühl, dass diese beiden Häuser wesentlich besser miteinander auskamen, so wie ich es in Erinnerung an meine Schulzeit hatte. Nachdem ich mich abends mit Julia zum Abendessen in der Großen Halle getroffen hatte, wobei es deftigen Kartoffelauflauf mit Bratwürstchen und Yorkshirepudding gegeben hatte, entschied ich mich noch ein wenig in meinen Räumlichkeiten zu lesen. Das Buch, welches ich vorhatte zu lesen, war eines der drei Bücher aus dem Bücherregal in einer der kleineren Bibliotheken am anderen Ende des Schlosses, die mir beim letzten Mal aufgefallen waren. So machte ich mich also auf den Weg nach diesem Raum zu suchen. Es war mittlerweile stockdunkel geworden und durch die Korridore zog ein kühler Wind. Ein paar Fackeln beleuchteten sperrlich die verwinkelten Korridore, sodass ich gerade noch erkennen konnte wo es entlang ging. Ich entzündete ein Licht an meinem Zauberstab, um besser sehen zu können, doch eine Büste eines neuzeitlichen Zauberers beschwerte ich gähnend, dass es zu hell sei. "Verzeihung, ich suche den Weg zu einer der kleineren Bibliotheken. Sie muss irgendwo nördlich sein", sagte ich und versteckte meinen Zauberstab hinter meinen Beinen, damit das Abbild des Zauberers nicht geblendet wurde. "Bibliothek? Es gibt tausende Bibliotheken hier. Also zumindest tausende Bücherregale, die nicht in der großen Bibliothek stehen haha", lachte der Mann, der nun hellwach wirkte. "Ich weiß noch, zu meiner Zeit änderten sich die Flure, Korridore und Zimmer des Schlosses ständig. Mal war da eine Toilette, mal ein Wandteppich", schwelgte der Kopf lächelnd. "Ja, das stimmt. Aber das Schloss tut das doch seit dem 18. Jahrhundert nicht mehr so stark, zumindest seit Dilys Derwent Schulleiter war. "Jaaaa, aber Sie vergessen den ... dunklen Teil des Schlosses", sagte die Büste geheimnistuerisch. "Den dunklen Teil? Sie meinen, der Teil, der nicht mehr verwendet wird?" "Ganz recht, dieses Schloss hat unwahrscheinlich viele Korridore und Flure, die heute keiner mehr benutzt. Flüche, Banne und anderweitige Zauber, die vor Jahrhunderten zurückgelassen wurden, zieren das Bild dieses Teils des Schlosses. Sie glauben ja nicht, was zu meiner Zeit, oder noch vor meiner Zeit, üblich war. Es war eine Zeit, in der fast ganz Europa hier unterrichtet wurde, bevor es andere Zauberschulen gab. Da brauchte man den Platz. Aber dieser Teil des Schlosses wird heute nicht mehr betreten. Nicht nur wegen der Gefahr, die von dort ausgeht, sondern auch weil es vergessen wurde. Verliese, tief unter der Erde; Zauberbücher, die so schrecklich sind, dass man sie nie wieder anfassen wollte. Oder gar Kreaturen, die man zurücklies." "Aber ...", begann ich leicht verwirrt. "Ich suche nach einem Raum voller Bücher, der hier an der Oberfläche liegt." "Ohh", sagte der Kopf traurig. "Ein Raum voller Bücherregale, irgendwo in Richtung Norden. Dann müssen Sie ... nach Norden", schloss der Kopf. "Danke", sagte ich leicht genervt. "Keine Ursache, Sir." Die Büste verneigte sich und schloss die Augen. "Gute Nacht." Ich ging weiter den Korridor entlang und ließ mir seine Worte durch den Kopf gleiten. Ich wusste, dass es einen großen, vergessenen Teil des Schlosses unter der Erde gab, wobei auch ein Teil des Schlosses über der Erde nicht mehr benutzt wurde. Ich hatte allerdings keine Ahnung von den Gefahren, die von dort kommen mochten. War es nur eine Schauergeschichte der Büste, um vorbeiziehende Lehrer und Schüler einzuschüchtern? Vielleicht. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es in dem Schloss Flüche gab, die niemand aufgehoben hatte. Allerdings gibt es vieles in der Geschichte Hogwarts', welches nur auf Vermutungen basierte. Ich wusste, dass der Raum mit den Bücherregalen kein Unicum darstellte. Es gab viele Räume wie diesen. Da hatte der Kopf Recht gehabt. Sie mussten auch nicht durch einen Bibliothekar geschützt und verwaltet werden, da das normalerweise Schutzzauber taten. Aber dieser Raum, den ich suchte, war vollkommen ab vom Schuss. Dort bewegte sich niemand. Nachdem Hogwarts im 10. Jahrhundert gegründet worden war, strömten fast alle Zauberer aus ganz Europa an, um hier ihre Ausbildung zu erhalten. Das Schloss wurde von Anfang an so groß gebaut, damit alle hier Platz fanden. Als aber ab der Neuzeit vermehrt Hexen und Zauberer verfolgt wurden und auch im Hochmittelalter andere Zauberschulen gegründet worden waren, blieben auch die Schüler aus. Somit wurde der restliche Teil des Schlosses nicht mehr gebraucht. Ebenso dieser Bücherregalraum. Ich folgte einer offenen Steintreppe, die in einen Korridor über mir führte und mich schließlich über eine Hängebrücke über den Burggraben führte. Hier ging es tief runter und ich konnte zu meiner Rechten an den Schlossmauern vorbei die große Steinbrücke sehen, die von großen Fackeln beleuchtet wurde. Es zog ein eisiger Wind durch diese Schlucht, was mich etwas laufen ließ. Ich war mir zu hundert Prozent sicher, dass ich vollkommen falsch war. Ich war gar nicht soweit von der Großen Halle enfernt gewesen, aber trotzdem packte mich die Neugier. Die Hängebrücke lag sehr tief, weit unterhalb der Großen Halle, aber noch nicht auf der Höhe der Kerker. Der nördliche Teil des Schlosses war einer der Teile, die kaum noch benutzt wurden. Die Zaubertrankkerker waren zwar von hier aus nicht weit, aber über diese Brücke kam man meines Wissens nicht dorthin. Auf der anderen Seite öffnete ich die große Tür und ich gelangte in eine kleinere Halle, von der aus drei Gänge in jeweils drei verschiedene Richtungen führten. Ich entschied mich für den mittleren und folgte einem Korridor, der mich vorbei an alten Holztüren führte, die vermutlich zu alten Klassenräume gehörten. Ich entschied mich allerdings dem Korridor bis zu einer steinernen Wendeltreppe zu folgen, die mich weiter nach oben brachte. Bevor ich jedoch einen alten Wandteppich passierte, auf dem eine alte Hexe von Muggeln verbrannt wurde, hielt ich inne. Ich war vollkommen falsch. Ich wollte mich nicht zu sehr von meinem Schlafzimmer entfernen. Aber es juckte mich noch sehr die letzten Winkel des Schlosses zu erkunden. Aber ein Blick auf meine Taschenuhr sagte mir, dass es bereits kurz nach ein Uhr war. So drehte ich wieder herum und ging den ganzen Weg wieder zurück in den bewohnten Teil des Schlosses. Nachdem ich die Brücke wieder überquert hatte und einige Korridore zurückgelassen hatte, die ich gar nicht auf dem Hinweg genommen hatte, merkte ich, dass ich in der Nähe dieser Bibliothek sein musste. Und tatsächlich! Hinter der nächsten Tür lag der Raum, den ich gesucht hatte. Ich ging zu dem Regal, in dem ich das Buch gefunden hatte, und ergriff es. Domitius und das Tor zum Glück. Das musste eine spannende Geschichte sein, die ich aber an dem Abend nicht mehr lesen wollte. Es war bereits halb zwei und am nächsten Tag hatte ich bereits um acht Uhr die Sechstklässler ... und das zwei Schulstunden lang. Ich klemmte mir das Buch unter den Arm und wollte gerade zum Gehen ansetzen, als ich ein flatterndes Geräusch hörte. Ich reagierte schnell und versteckte mich hinter dem Bücherregal, das dummerweise mitten im Raum stand. Ich löschte das Licht meines Zauberstabs und versuchte durch die Mondstrahlen etwas zu erkennen. Auf meiner Seite des Raums war nichts also blickte ich zu der Tür, aus der ich gerade gekommen war, dochdort war auch nichts. Das Flattergeräusch wurde immer lauter. War es ein Vogel? Es musste ein großer Vogel gewesen sein, denn seine Schläge waren recht langsam. Ich schaute durch die Lücken im Regal, konnte aber wieder nichts erkennen. Doch als es mir sehr kalt den Rücken herunterlief, ahnte ich, wo sich das Wesen aufhalten konnte. Ich umklammerte fest meinen Zauberstab und schaute nach oben. Doch es war kein Vogel. Das Mondlicht beleuchtete ganz klar die Konturen eines Buches, welches über meinem Kopf seine Kreise zog. Bevor ich mich von meiner Erkenntnis erholt hatte, stürzte das Buch auf mich herab. Ich sprang zur Seite und das Buch klatschte mit einem tiefen Schlag auf den Boden. Ich hörte laute Stimmen und Glas oder Keramik zerbrach in der Ferne. Ich hatte keine Zeit über diese sekundären Geräusche nachzudenken, denn das Buch hatte sich wieder in die Luft erhoben und flatterte geradewegs auf mich zu. Ein Buch war eigentlich keine sonderlich große Bedrohung, doch wollte ich nicht von einem mindestens zehn Pfund schweren Band über Gartenkräuter erschlagen werden. Ich versteckte mich hinter einem weiteren Regal, welches mitten im Raum stand und schlich an der anderen Seite entlang, bis das Regal eine Biegung machte und mir das Mondlicht direkt ins Gesicht schien. Das Buch hatte seine Flatterfrequenz verlangsamt, sodass ich vermutete, es hat sich irgendwo niedergelassen. Ich schlich weiter an dem Regal entlang, welches bis zur Ecke des Raumes führte. Ich war der Tür nahe, doch wollte ich das Buch mitnehmen, welches ich lesen wollte. Vor Schreck hatte ich es bei dem Angriff fallengelassen. Ich schaute um die Ecke und hatte mein Buch im Blick, das fliegende Buch hingegen nicht. Da hatte ich die erste Regel missachtet, welche man uns in der Aurorenausbildung gelehrt hatte: "Lasse niemals den Feind aus dem Auge." Lag es irgendwo auf der Lauer? Ich hoffte nicht. Ich schaute wieder nach oben, doch da war diesmal nichts. Ich entschloss mich also auf das Buch zuzusprinten und dann die Biege zu machen. Doch bevor ich loslief, fing auch das Buch an zu flattern. Im Mondlicht erkannte ich den schweren, roten Band, wie er mit halsbrecherischer Geschwindigkeit auf mich zuflog. Ich erhob den Zauberstab und rief: "Stupor!" Ein roter Blitz zuckte aus meinem Zauberstab und traf das Buch in all seinen Seiten, sodass es regungslos zu Boden fiel, bevor es mich erreichte. Ich ergriff mein Buch und horchte durch die Stille. Es war als hätte ich laute Schritte gehört. Da fielen mir wieder die Stimmen und das Geräusch des Zerbrechens ein und ich nahm die dritte Tür in diesem Raum, mit dem Buch in meinem Arm. Die Tür sprang auf und ich beleuchtete den nächsten Raum. Einige Fackeln waren entzündet. Auf dem Boden lag ein riesiger, roter Teppich und an den Wänden waren Schaufenster, die Muggelapparate beinhalteten, wie Staubsauger, Computer, Autoschlüssel und Fernbedienungen. Doch ein Schaufenster war zerbrochen. Ich schwang meinen Zauberstab und dachte den Zauberspruch Vitrum Reparo. Das Schaufenster fügte sich wieder natlos zusammen. Es war wohl ein leeres Fenster gewesen, denn weder war darin ein Sockel, noch ein Objekttext, das das Objekt beschreiben sollte. Der Täter hatte offenbar nichts entwendet. Doch wieso wurde das Fenster zerbrochen? War es ein Unfall? Vielleicht fand hier ein Duell statt. Die Schüler taten sowas sehr gerne, vor allem nachts. Ich war bei meiner Zeit nicht anders gewesen. Doch wenn jetzt Schüler sich zum Duellieren getroffen hatten, musste ich dem auf den Grund gehen, und den Vorfall melden. Mein Verdacht lag bei Geoffrey und Martina, die in meiner ersten Stunde über Scorpius und Albus getuschelt hatten. Andererseits kannte ich weder diese beiden genug, noch hatte ich schon mit den anderen Schülern zu tun gehabt. Es hätte also sonst wer sein können, zumal es unwahrscheinlich war, dass die beiden nach einer Schulstunde, bei der wir nichtmal praktisch geübt hatten, Flüche wirken konnten. Aber irgendwer musste es gewesen sein. Vielleicht auch Peeves, der Poltergeist? Das würde ganz seinem Geiste entsprechen. Ich entschied mich die Verfolgung aufzunehmen, auch wenn es unwahrscheinlich war, dass ich einen von denen fassen konnte. Sie mussten geflohen sein, als sie meinen Kampf mit dem Buch mitbekommen hatten. Zudem wusste ich nicht, durch welche der beiden Türen sie entkommen waren, doch die Wahrscheinlichkeit war sehr groß, dass sie zu ihren Schlafsälen geflohen waren. Die andere Tür führte nämlich noch weiter weg. Ich öffnete die nächste Tür und befand mich nun in einem langen, sehr schmalen Korridor, ohne Fenster und mit einem langen, roten Teppich ausgestattet. An der Wand hing wieder ein Wandteppich, der einen einsamen Zauberer zeigte, der alleine im Wald neben seiner Hütte ein Kaninchen röstete. Es war absolut still. Ich schlich den Korridor entlang, der irgendwann in einen größeren, vollkommen leeren Saal mündete. Als die Tür hinter mir zufiel, schnaufte ich enttäuscht aus. Zwei Türen führten in die gleiche Richtung. Ich hatte sie also verloren. Ich wusste selber nicht, welche Tür ich nehmen sollte, als entschied ich mich die linke Tür zu nehmen, da sie etwas anders aussah, als alle anderen Türen. Ich erwartete einen weiteren Korridor, doch fand ich mich wieder in einem großen Raum wieder, der offenbar mal als Klassenraum verwendet wurde. Auf der anderen Seite war wieder eine herkömmliche, romanische Tür. Doch diese führte offenbar in den Verwandlungskorridor. Ich war doch vor wenigen Sekunden noch im anderen Ende des Schlosses gewesen. Ich kehrte wieder um und öffnete die Tür, aus der ich gekommen war, doch sie führte bloß in eine Abstellkammer. Ich war schon sehr häufig durch merkwürdige Türen in diesem Schloss gelaufen. Geheimtüren, sprechende Türen, Türen, die keine waren, sondern Wände, die nur so taten als ob, oder gar Wandvorhänge, die durch Passwörter oder Zaubersprüche zum Leben erweckt werden, um einen Durchgang zu ermöglichen. Doch ich war noch nie durch eine Tür geschritten, die mich quer durch das Schloss teleportierte. Als ich wieder in meinem Bett lag gingen mir einige Fragen durch den Kopf. Niemand hatte je alle Geheimnisse des Schlosses entdecken können. Dazu gab es viel zu viele Zauber und Geheimgänge. Ich hatte nun Zeit alle Orte des Schlosses zu erkunden. Und als Lehrer konnte mich keiner davon abhalten.
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